Über Möglichkeiten, Hunger speziell in Äthiopien entgegenzuwirken, informierten heute im Rahmen eines Pressegesprächs Caritasdirektor Walter Schmolly sowie Marion Burger und Michael Zündel von der Auslandshilfe der Caritas.

Wir haben Hunger satt!

Krieg, Inflation, steigende Öl- und Lebensmittelpreise: Seit dem Ende des zweiten Weltkrieges waren diese Begriffe nicht mehr so nah an unserer Lebensrealität, wie in den vergangenen Monaten. Der Ukraine-Krieg und dessen Auswirkungen haben uns vor Augen geführt: Wir sind durch das Weltgeschehen, die Weltmärkte, aber auch durch die Herausforderungen unserer Zeit sehr eng miteinander verknüpft. Eine dieser großen Herausforderungen ist und bleibt der weltweite Hunger. In Äthiopien droht aktuell eine Hunger-Katastrophe großen Ausmaßes.

„Wir leben in einer Welt, in der die Dinge derart miteinander verschränkt sind, dass uns früher oder später auch die Probleme einholen, die zunächst noch weit weg scheinen“, macht Caritasdirektor Walter Schmolly bewusst, dass sich in unserem „global village“ letztendlich alles vor der eigenen Haustüre abspielt. So auch die momentane Hungerkatastrophe in Äthiopien: „Die Caritas Vorarlberg pflegt seit nunmehr 30 Jahren eine Partnerschaft mit einigen Regionen im Süden Äthiopiens. Das sind tausende Kinder, Frauen und Familien, mit denen wir in diesen 30 Jahren gemeinsam mit unseren Vor-Ort-Partnerorganisationen durch viele Höhen und Tiefen gegangen sind und mit denen auch immer Schritte nach vorne gelungen sind.“ Für die Caritas sei dabei entscheidend wichtig, dass hier nicht nur die Organisation Caritas agiere, sondern vielmehr tausende Vorarlbergerinnen und Vorarlberger, die ihre Verbundenheit und Solidarität schenken. „Da ist in 30 Jahren wirklich etwas gewachsen zwischen Menschen hier in Vorarlberg und in Äthiopien. Diese Verbundenheit macht konkret erfahrbar, was es heißt, dass wir alle Mitglieder der einen Menschheitsfamilie sind“, erläutert Walter Schmolly.

Dramatische Entwicklung

Die Lebenssituation vieler Menschen im Süden Äthiopiens habe sich in den letzten Monaten dramatisch verschlechtert. „Wieder einmal sind die Menschen dort von einer Hungerkatastrophe betroffen, die ihr Leben und die langfristige Gesundheit - vor allem der Kinder - bedroht“, beschreibt der Caritasdirektor, wie Menschen in Äthiopien, die ohnehin fast nichts haben, einfach nicht mehr wissen, wie sie überleben können. Dabei hat sich die internationale Staatengemeinschaft mit den SDG (sustainable development goals) verpflichtet, entsprechende Maßnahmen zu setzen, um „den Hunger zu beenden, Ernährungssicherheit und eine bessere Ernährung zu erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern“. Der Befund des Welthunger-Index 2021 sei aber leider mehr als ernüchternd, beschreibt Walter Schmolly: „Das verheerende Wirkungsgefüge von Klimakrise, Covid-19-Pandemie und immer schwereren und langwierigeren Konflikten lässt den bereits zuvor viel zu langsamen Fortschritt in Richtung Zero Hunger stagnieren und es gibt sogar eine Reihe von Rückschlägen, wie eben derzeit auch in Äthiopien.“

Hunger greift um sich

Diese Entwicklung kann auch Caritas-Auslandshilfe-Mitarbeiter Michael Zündel bestätigen: Er ist erst vor wenigen Tagen aus Äthiopien zurückgekehrt, wo er verschiedene Projektpartner*innen besucht hat: „In weiten Teilen des Landes herrscht nach wie vor eine extreme Dürre, vielerorts sind die letzten drei Regenzeiten so gut wie ausgefallen. Die Wasservorräte neigen sich dem Ende zu, Brunnen versiegen, die letzte Ernte auf den Feldern ist vielerorts vertrocknet.“ Auch in den Schulen ist spürbar, dass die Bevölkerung im Süden Äthiopiens Hunger leidet: „Die Kinder kommen mit leerem Magen an. Das Mittagessen an der Schule ist oft die einzige warme Mahlzeit des Tages.“ Verschärft wird die ohnehin schon schwierige Situation dadurch, dass der Bauboom der letzten Jahre auf Grund der hohen Materialpreise eingebrochen ist und deshalb auch viele Tagelöhner*innen kein Einkommen mehr haben. Caritas-Mitarbeiterin Marion Burger berichtete am Beispiel des „Bushulo Healthcenter“, wie speziell Frauen mit ihren Kindern geholfen wird: „Im Rahmen des Safe Motherhood-Programms begleiten wir schon seit vielen Jahren die Frauen in der Stadt Hawassa und den umliegenden Dörfern während ihrer Schwangerschaft. Ein wichtiger Erfolg dieser Aktivitäten ist, dass mittlerweile 39 Prozent der Frauen des Einzugsgebietes während der Schwangerschaft in Bushulo betreut werden und auch dort entbinden. Jährlich sind es 2.800 Frauen, weitere 7.200 Mütter sind in ambulanter Behandlung. Insgesamt werden so 4.000 Babys und Kleinkinder sowie 5.000 Kinder zwischen 5 und 15 Jahren in der Klinik medizinisch versorgt.“

Maßnahmen gegen Hunger

Caritasdirektor Walter Schmolly ist überzeugt: „In einer mittel- und längerfristigen Perspektive geht es darum, die Ursachen von Hunger, die wir beeinflussen können, möglichst abzustellen oder zumindest zu schwächen. Da geht es um Friedensarbeit, um die gerechte weltweite Verteilung von Ressourcen, um faire Wirtschafts- und Handelsstrukturen, um den entschiedenen Kampf gegen den Klimanotstand bis hin zu unserem Lebensstil und Konsumverhalten. Was es aber zuallererst und ganz unmittelbar braucht sind ein Stück Brot und sauberes Wasser für die Menschen, die heute hungern. Es geht um akute Überlebenshilfe.“ Seine Bitte: „Dass wir einmal mehr zusammenstehen, um in unseren langjährigen Partnerregionen in Äthiopien jenen zu helfen, die es ohne Hilfe von außen in der akuten Hungersituation nicht schaffen werden“. Und er spricht schon vorab ein großes „Danke“ allen Vorarlberger*innen aus, denen es möglich ist, einen Beitrag zu leisten.

Allgemeine Fakten:
  • Erstmals seit 1998 ist 2020 der Anteil extrem armer Menschen, die von weniger als 1,9 US-Dollar am Tag leben, wieder auf knapp 10 Prozent gestiegen.
  • 811 Millionen Menschen sind laut den Vereinten Nationen unterernährt – jede*r zehnte Mensch weltweit hungert.
  • Insgesamt befürchtet das Welternährungsprogramm (WFP), dass aufgrund des Krieges in der Ukraine in den nächsten Monaten bis zu 47 Millionen Menschen zusätzlich an Hunger und Armut leiden werden.
     
Caritas-Hungerhilfe 2022

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