Mit zwei Veranstaltungen machten die Jugendbotschafter*innen der Caritas Auslandshilfe vergangene Woche auf die Menschenrechtsverletzungen der europäischen Flüchtlingspolitik aufmerksam. Dabei stand die Situation von Kindern und Jugendlichen auf der Flucht im Fokus.
Millionen von Kindern und Jugendliche müssen aufgrund von Vertreibung, Krieg, Hungersnöten oder Naturkatastrophen ihre Heimat verlassen und sich auf der Flucht lebensbedrohlichen Situationen aussetzen. Um auf diese jungen Menschen aufmerksam zu machen und für ihre Rechte einzutreten, luden die Jugendbotschafter*innen für UN-Kinderrechte und Globale Ziele (Jubos) am vergangenen Freitag zu einer öffentlichen Dialogveranstaltung unter dem Titel „Ertrunken und Vergessen“ in den WirkRaum Dornbirn. Der Schwerpunkt lag an diesem Abend auf der Seenotrettung und der Fluchtroute Mittelmeer.
Nach einer kurzen Einführung in das Thema wurde ein ergreifender Kurzfilm von Seawatch/HPI über die Herausforderungen der Seenotrettung im Mittelmeer gezeigt. Im Anschluss berichtete Fabio Zgraggen, der als Pilot für die von ihm gegründete Organisation für Seenotrettung „Humanitarian Pilots Initiative“ tätig ist, aus erster Hand über den Ablauf von Überwachungsflügen und über die Einschränkungen durch europäische Staaten, welche die Arbeit der NGOs zunehmend erschweren oder unmöglich machen. Nach den eindrücklichen Ausführungen von Zgraggen, denen die rund 40 Anwesenden im WirkRaum in Dornbirn gebannt folgten, gab es einen intensiven Austausch mit verschiedenen Expert*innen zu den Themen Seenotrettung, Kinderrechte, Flucht und missachtete Menschenrechte von Geflüchteten, sowie Engagement in Vorarlberg.
Ein Papierboot und viele Shirts
Mit einer außergewöhnlichen Kunst-Aktion in Bregenz wurde das Thema tags darauf in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung gerückt: Ein großes Papierboot und eine Kette aneinandergeknüpfte Langarm-Shirts mit Namen, Alter und Sterbedatum von Kindern und Jugendlichen, die auf der Flucht gestorben sind, machten eindrücklich auf die Verletzung von Menschen- und Kinderrechten auf der Mittelmeer-Route aufmerksam. „Mit dieser Aktion wollten wir zeigen, dass hinter den Zahlen Menschen stehen. Wir wollten ihre Identität sichtbar machen und ihnen somit ein Stück Menschlichkeit zurückgeben“, erklärt Jana Berchtold, Jugendbotschafterin der Caritas Vorarlberg. „Es wird über Werte und Leitkultur gesprochen und im selben Atemzug werden Menschenrechtsverletzungen und das humanitäre Versagen an den Grenzen gerechtfertigt.“
Wenn Kinder im Mittelmeer ertrinken
Sowohl unter den Teilnehmer*innen der Aktion als auch unter den Passanten sorgte die Rede von Viola Amann für große Betroffenheit. Die 16-Jährige erinnerte daran, dass Österreich, genauso wie die meisten anderen Länder, 1992 die Kinderrechtskonvention ratifiziert hat und sich damit der Gewährleistung von Kinderrechten im In- und Ausland verpflichtet hat. „Warum stehen wir dann heute hier, um uns diesen vergessenen Kindern zu widmen?“, gab die Jugendbotschafterin zu bedenken. Sie appellierte an ihre Zuhörer*innen, die Menschenrechtsverletzungen und das humanitäre Versagen an den Grenzen nicht einfach hinzunehmen, sondern wieder die Menschlichkeit in den Fokus zu rücken. „Wann hören Erwachsene endlich damit auf, Flüchtlinge zu entmenschlichen und in ihnen statt Mitmenschen laufende Kriminalstatistiken zu sehen?“ Die zweijährige Rokia, das neun Monate alte Baby Zainab oder der 9-jährige Amir Ali sind nur drei Beispiele von vielen Kindern und Jugendlichen, die auf der Flucht im Mittelmeer ertrunken sind. „All diese Kinder sollten nicht sterben. Sie sollten nicht ertrinken und vergessen werden. Sie sollten leben. Sie sollten mit ihren Freunden spielen, rausgehen, ihre Lieblingsbücher lesen, und geliebt werden, träumen und alt genug werden, um diesen Träumen nachzugehen!“
Statements:
Viola Amann, Jugendbotschafterin:
„Wann hören Erwachsene endlich damit auf, Flüchtlinge zu entmenschlichen und in ihnen statt Mitmenschen laufende Kriminalstatistiken zu sehen. Wann hören Erwachsene endlich damit auf, von irgendwelchen Leitkulturen und Werten zu sprechen und im selben Atemzug die Menschenrechtsverletzungen und das humanitäre Versagen an den Grenzen zu rechtfertigen?“
Fabio Zgraggen, Humanitarian Pilots Initiative:
„Es fällt mir in der heutigen Zeit immer mal wieder sehr schwer das Positive zu sehen, in unserem teils sich endlos anfühlenden Kampf für eine Gerechtigkeit für Menschen auf der Flucht. Es gibt aber immer mal wieder Lichtblicke - der Abend mit euch war einer davon. So engagierte junge Menschen zu sehen, berührt und beflügelt mich weiterzumachen für eine gerechtere Zukunft für uns alle! Danke.“