Visionär und Pionier der Hospizarbeit in Vorarlberg

Wenn Karl W. Bitschnau über seine Arbeit spricht, merkt man schnell, dass sie mehr als nur ein Job war – es war seine Herzensangelegenheit. Drei Jahrzehnte hat er dafür gekämpft, die Hospizversorgung in Vorarlberg zu dem zu machen, was sie heute ist: ein Netzwerk aus Menschen und Angeboten, das niemanden in der letzten Lebensphase alleinlässt. „Ich habe immer gerne gearbeitet und bin dankbar, dass ich mich über meine Arbeit gesellschaftlich einbringen und für viele Nutzen stiften konnte“, sagt der 63-jährige Sozialarbeiter, der seit 1985 bei der Caritas Vorarlberg tätig war. „Doch jetzt ist es Zeit, loszulassen und ich bin auch erleichtert Verantwortung abgeben zu können.“ Für ihn beginnt nun nach jahrzehntelangem Einsatz für die Caritas- und Hospizarbeit in Vorarlberg ein neues Kapitel: der Ruhestand.

Aufbauarbeit geleistet

Sein Weg begann nicht direkt in der Hospizarbeit. Erste Erfahrungen sammelte er bei „SOS – Rat und Hilfe“, einer Anlaufstelle für Menschen in existenziellen Krisen. „Ich lernte dort, wie wichtig es ist, Menschen so anzunehmen, wie sie sind“, sagt Karl W. Bitschnau. „Wer in Not ist, braucht keine Moralapostel, sondern ein Gegenüber, das konkrete Unterstützung anbietet oder bereit ist, ein Stück des Weges mitzugehen.“ Später baute er die PfarrCaritas, eine Servicestelle für freiwillig Engagierte auf. Dabei erkannte er den unschätzbaren Beitrag, den Ehrenamtliche für die Gesellschaft leisten – und wie wichtig es ist, diesen Einsatz wertzuschätzen.

„Engagierte Menschen brauchen fördernde, aber nicht überfordernde Rahmenbedingungen“, betont Bitschnau. „Nur so können Talente und Ressourcen nachhaltig wirksam werden.“

Sein Einstieg in die Hospizarbeit war eher zufällig, als er gebeten wurde beim Aufbau eines Hospiz-Vereins mitzuwirken. „Der Verein kam zwar nie zustande, dafür entwickelte sich aus dieser Initiative heraus Hospiz Vorarlberg als Aufgabenbereich der Caritas, den ich von Anfang an mitgestalten durfte“, schmunzelt er, der seit 1994 Hospiz Vorarlberg leitet.

Begegnung auf Augenhöhe
Was damals klein begann, entwickelte sich über die Jahre zu einem umfassenden Netz:  Zwischen 1996 und 2004 entstanden sechs regionale Hospizteams mit rund 200 Ehrenamtlichen. 2003 wurde die Palliativstation im Krankenhaus Hohenems eröffnet, 2006 das Hospizteam für Kinder und Jugendliche gegründet, 2008 das Mobile Palliativteam ins Leben gerufen. „Ein besonderer, auch emotionaler Höhepunkt meiner Arbeit war dann die Eröffnung des stationären „Hospiz am See“ im Jahr 2018 in Bregenz“, erzählt Bitschnau. Für ihn liegt das Wesentliche in der Hospizbegleitung darin, Schmerzen in all ihren Dimensionen – körperlich, seelisch, sozial oder spirituell – ernst zu nehmen und sie zu beseitigen oder zumindest zu lindern. Dazu braucht es ein Zusammenspiel verschiedener Berufsgruppen und gut vernetzte Strukturen. Besonders wichtig sind Karl W. Bitschnau ehrenamtliche Hospiz-Begleiter*innen. „Sie begegnen den Menschen auf Augenhöhe, ohne zu urteilen.“

„Fordert uns alle“
Die Hospizarbeit habe sich über die Jahre stark verändert. „Anfangs war vieles Pionierarbeit. Heute ist die Hospiz- und Palliativversorgung gut vernetzt und professionell aufgestellt. Das ist gut so. Die vielen Ehrenamtlichen bleiben aber wichtig, damit das Thema nicht institutionalisiert wird, sondern eine gesellschaftliche Aufgabe bleibt“, ist er fest überzeugt. „Denn: Hospiz ist ein Thema, das uns alle betrifft und unsere Auseinandersetzung fordert.“

Zeit für Neues
Und wie sieht seine persönliche Zukunft aus? Karl W. Bitschnau lächelt. „Ich werde mich weiterhin für die Hospizidee starkmachen – aber nicht mehr operativ. Jetzt ist Zeit für Neues und ich bin schon neugierig, was auf mich zukommen wird.“ Besonders freut er sich auf mehr Zeit mit seiner Familie, vor allem mit den drei Enkelkindern und auf einen längeren Urlaub in Griechenland gemeinsam mit seiner Frau Elisabeth.

Zur Person:
Karl W. Bitschnau, geboren 1961 in Bludenz, lebt mit seiner Frau Elisabeth in Hohenems. Drei Kinder, drei Enkelkinder

Ausbildung: Dipl. Sozialarbeiter, MAS Palliative Care, Dr. phil. in Palliative Care und Organisationsethik

Beruflicher Werdegang: Seit 1985 in leitender Funktion bei der Caritas Vorarlberg tätig, 2005 bis 2024 Vizepräsident von Hospiz Österreich, 2019 bis 2023 Vorstandsmitglied der Europäischen Palliativgesellschaft (EAPC)

Hobbys: Radfahren, Fotografie, Musik