„Einsamkeit und das Gefühl unerwünscht zu sein, ist die schlimmste Armut! Dieses Zitat von Mutter Teresa wurde durch die Corona-Krise zur Realität für viele Menschen, die sich gerade in dieser Zeit sehr einsam gefühlt haben, weil die Kontakte zu ihren Familien, zu Freunden oder Nachbarn nicht möglich waren und auch die ehrenamtlichen Netzwerke nicht greifen konnten oder durften“, sagt Ingrid Böhler, Fachbereichsleiterin der PfarrCaritas. „Vermutlich kennt jede/r das Gefühl der Einsamkeit, ja manchmal sind wir auch auf der Suche danach. Wird dieses Gefühl als bewusster Rückzug und Chance erlebt, sich wieder neu zu orientieren und mit anderen zu verbinden, so ist es für die menschliche Entwicklung sehr förderlich. Ungewollte Einsamkeit hingegen, aus der ein Mensch auf lange Sicht nicht herausfindet, kann nicht nur depressiv, sondern auch physisch krank machen.“
Einsamkeit betrifft alle
Einsamkeit nimmt weltweit zu, das belegen zahlreiche Studien. So zeigen beispielsweise Eurostat-Zahlen, dass in den EU-Staaten sechs Prozent der Menschen angeben, niemanden für ein persönliches Gespräch zu haben. In der sogenannten „Silver-Living-Studie“ gab die Hälfte der befragten Österreicher*innen im Alter zwischen 60 und 69 Jahren an, dass sie sich davor fürchten, im Alter zu wenig Freunde und Bekannte zu haben. 14 Prozent der Befragten gaben an, dass sie überzeugt sind, im Alter einsam zu werden, zwei Drittel haben Angst vor Einsamkeit. Einsamkeit ist aber keineswegs eine Frage des Alters, junge Menschen wie beispielswiese Alleinerzieher*nnen, chronisch Kranke oder junge Mütter können ebenfalls davon betroffen sein. Das scheint im Widerspruch zu stehen mit einer Welt, in der jeder mit jedem weltweit vernetzt ist. „Die Digitalisierung eröffnet viele Chancen, doch es besteht auch die Gefahr, Facebook-Freunde mit echten Beziehungen zu verwechseln“, sagt Ingrid Böhler.
Mehr Bewusstsein für das Thema schaffen
„Diese unfreiwillige Einsamkeit braucht uns alle. Nicht nur der einsame Mensch muss aus seinem Schneckenhaus treten, sondern wir alle sind gefordert, aufmerksam und sorgsam zu sein und den Menschen in seinem Sein, mit all seinen Erfahrungen und Ressourcen zu würdigen“, sagt Ingrid Böhler. Was es auch braucht, ist eine Enttabuisierung und mehr gesellschaftliches Akzeptanz für das Thema. „Das würde einerseits das Bewusstsein für das Thema und die Menschen, die darunter leiden, schärfen. Andererseits würden Betroffene vielleicht eher Hilfe suchen und darüber reden wollen“, so Ingrid Böhler. Ihr ist es ein großes Anliegen, den Betroffenen wirkungsvolle Hilfen anzubieten und auch die pfarrlichen und regionalen Strukturen zu stärken.
„Durch die Initiative LE.NA - Lebendige Nachbarschaft - versuchen wir, unterschiedlichste Möglichkeiten für soziale Kontakte von einsamen Menschen zu erhöhen, sei es durch die LE.NA Besuchsteams, durch Begegnungsräume im Café LE.NA, durch das gemeinsame Wandern oder Initiativen, die wir mit den Menschen entwickeln .“ Natürlich braucht es auch individuelle Begleit- und Unterstützungsangebote für einsame Menschen, wie wir sie von Seiten der PfarrCaritas durch das Freiwilligen-Netzwerk der Sozialpat*innen anbieten.
Aufeinander schauen
Auch die vom Fonds gesundes Österreich (FGÖ) geförderte neue Initiative herz.com greift das Thema auf. Deren Hauptanliegen ist es, die Strukturen einer Caring Community, also einer sorgenden, aufeinander schauenden, achtsamen Gemeinde zu fördern. „Dies tun wir, indem wir Bedarfserhebungen in Form von Ressourcengesprächen durchführen, indem wir ältere, vulnerable und oftmals auch einsame Menschen (gemeinsam mit Ärzten, Apothekern, com.botschafterinnen) motivieren, über ihre Herzensangelegenheiten zu sprechen oder indem wir gemeinsam mit den Menschen vor Ort unterschiedliche Initiativen entwickeln, durch die eine füreinander sorgende, achtsame Gemeinschaft erfahrbar wird“, so Ingrid Böhler. „Wir freuen uns sehr, dass wir diese Initiative gemeinsam mit den Verantwortlichen in der Gemeinde Satteins, im Stadtteil Bregenz Mariahilf und in den Gemeinden in der Region Kleinwalsertal und den Pfarrverband Mittelberg durchführen werden.“
„Der Mensch ist ein soziales Wesen“, sagt Ingrid Böhler abschließend. „Wir brauchen Austausch, Zuneigung, Verständnis, Trost. Fest steht: Zusammen ist man nicht nur weniger allein, sondern auch weniger krank.“
Zur Person:
Ingrid Böhler
Geboren: 25. August 1961
Wohnort: Lochau
Familie: in Partnerschaft lebend, 3 Töchter, 2 Enkel
Berufliche Laufbahn:
Studium der Germanistik und Erziehungswissenschaften,
Erwachsenenbildnerin, Dipl. Trainerin für Prozessorientierte
Gruppenarbeit, Einzel-, Paar- und Familienberaterin,
Nach 12 Jahren in der Privatwirtschaft Wechsel zur Caritas der Diözese Feldkirch
Seit 2016 Leiterin des Fachbereichs PfarrCaritas & sozialräumliches Handeln
Freizeit:
Lesen und Musik hören – gute Gespräche mit meiner Familie und Freunden
Genieße die Zeit mit meiner Familie und mit Freunden
Bewegung in der Natur (Walken – Wandern)
Fitness-Trainings
Ehrenamt – Wortgottesfeierleiterin in der Pfarre Lochau