gegründet worden und hat sich in einer Zeit, in der der überwiegende Teil der Menschen arm war, um die Ärmsten der Armen gekümmert“, blickt Caritasdirektor Walter Schmolly auf die Anfänge der Caritas vor 100 Jahren zurück. „Dieser Anfang ist zu einer Art innerem Kompass geworden: dort zu sein, wo die Not am größten ist und ganz besonders auf die Kinder und Jugendlichen zu achten.“
Ein Kompass, der auch heute noch Orientierung gibt: „Die gesellschaftlichen Herausforderungen und Nöte erfordern laufend Antworten im Geiste Solidarität auf der Höhe der Zeit“, und der Caritasdirektor nennt exemplarisch drei Caritas-Einrichtungen und Initiativen, die gerade auch im vergangenen Jahr von besonderer Bedeutung sind:
- Die Unterstützung von 6.219 Personen durch die Caritas-Beratungsstelle „Existenz & Wohnen“. Die Teuerung ist für Menschen, die bereits vorher jeden Euro zweimal umdrehen mussten, zur existenziellen Herausforderung geworden. Allein von 2022 auf 2023 ist die Zahl der Menschen, die auf Beratung und Überbrückungshilfen der Caritas-Beratungsstelle angewiesen waren, um 14% auf 6.219 Personen gestiegen. Besonders markant war der Anstieg bei den Kindern, nämlich um 22 % auf 2.217 Kinder.
- Die Begleitung von 580 Kindern in den 15 Caritas-Lerncafés. Kinderarmut ist Chancenarmut und nach wie vor wird Armut in Österreich in viel zu hohem Maße vererbt. Die Lerncafés sind ein präventives Angebot, das dieser Logik entgegenwirkt. Sie tragen dazu bei, dass auch in Zeiten großer Veränderungen alle Kinder faire Chancen haben, ihre Potenziale zu entwickeln.
- Die Initiative herz.com zur Stärkung des Miteinanders in den Sozialräumen. Viele Themen und Entwicklungen rufen heute nach einer Stärkung des Zusammenhalts – die zunehmende Einsamkeit ebenso wie die Inklusion von Menschen mit besonderen Bedürfnissen oder das verbreitete Gefühl der Verunsicherung. Beispielhaft ist hier etwa die Caritas-Initiative „herz.com“. Mehrere Regionen, Gemeinden, Stadtteile haben sich mit der Caritas auf den Weg gemacht hat, um den sozialräumlichen Zusammenhalt zu stärken, beispielsweise das Kleinwalsertal.
Gemeinsame Hilfe als „Geburtstagswunsch“
Geburtstage sind immer auch Anlässe für Geschenke. Die Caritas Vorarlberg möchte heuer zwei speziellen Projekten zu besonderer Schubkraft verhelfen: Der dringend notwendig gewordenen Sanierung der Notschlafstelle in Feldkirch sowie dem „Girls Hostel“ in Meki/Äthiopien, das Mädchen aus ärmsten Familienverhältnissen oder weit abgelegenen Dörfern den Besuch einer weiterführenden Schule in der Stadt möglich macht.
Sie möchten uns dabei unterstützen?
Notschlafstelle und/oder Girls Hostel |
Drei Fragen an Caritasdirektor Walter Schmolly:
War die Teuerungswelle des vergangenen Jahres beim Erreichen der Wirkungsziele der Caritas eine große Herausforderung?
Walter Schmolly: Die Teuerung hat dazu geführt, dass mehr Menschen Unterstützung benötigt haben, um auch noch am Ende des Monats genug Lebensmittel einkaufen, die Miete bezahlen und die ganze Wohnung heizen zu können. Trotz der vielen Maßnahmen von Bund und Land ist die Nachfrage bei der Caritas gestiegen. Es war schon herausfordernd, in dieser Situation für alle gut da sein zu können.
Hat sich die Rolle der Caritas in der Gesellschaft in den 100 Jahren ihres Bestehens sehr verändert?
Walter Schmolly: Der Grundauftrag ist derselbe geblieben: da zu sein für die Menschen, die am meisten auf Hilfe angewiesen sind, Kräfte zu bündeln und das Miteinander in der Gesellschaft zu stärken. Die konkrete Ausgestaltung dieses Auftrages war in der Zwischenkriegszeit natürlich eine andere als in der Ausbauphase des Sozialstaates ab den1970er-Jahren. Und heute fordern die großen Veränderungen auch wieder eine Weiterentwicklung im Agieren einer Einrichtung wie der Caritas.
Noch ein Ausblick in die Zukunft: Welche gesellschaftliche Herausforderung beschäftigt die Caritas dabei besonders?
Walter Schmolly: Nichts kennzeichnet die Gegenwart mehr als der Veränderungsdruck durch den Klimawandel, die demografische Entwicklung, die Digitalisierung usw. In einer solchen Zeit zählt vor allem, dass niemand den Anschluss verliert. Im Sinne des so wichtigen sozialen Zusammenhalts sind attraktive Engagement-Möglichkeiten für die Menschen von großer Bedeutung. Und es ist wichtig, die sozialen Themenstellungen in ihrer globalen Dimension und in ihrer Verbindung mit den ökologischen und wirtschaftlichen Entwicklungen zu sehen. Daran arbeiten wir.
Caritas: Vielfältige Hilfe in Vorarlberg und in Partnerländern:
Durch die Beratungsstelle Existenz & Wohnen konnten im vergangen Jahr 6.221 Kindern, Frauen und Männern in 3.221 Haushalten wieder neue Perspektiven durch die Unterstützung bei der Existenzsicherung geboten werden.
154 Gäste fanden im Hospiz am See ein letztes Zuhause.
583 Kinder und Jugendliche wurden in insgesamt 15 Lerncafés bei Hausübungen und beim Lernen begleitet. Bildung ist dabei entscheidend, um Zukunftschancen für Kinder zu wahren.
2.915 geflüchtete Kinder, Frauen und Männer aus 50 Nationen wurden in der Grundversorgung unterstützt. Unter den betreuten Klient*innen waren auch 830 Kinder – das ist eine neue Rekordzahl.
Als Sozialpat*innen stellten Freiwillige 13.631 Stunden ihrer Freizeit in den Dienst der guten Sache. Unter anderem begleiteten sie Menschen im Alltag, übernahmen Besuchsdienste und unterstützten bleibeberechtigte, geflüchtete Menschen bei der Integration.
266 Familien mit 593 Kindern wurden durch die Familienhilfe unterstützt, 31 Familien mit 52 Kindern fanden im Haus Mutter und Kind ein Zuhause, bis sich ihre Situation wieder stabilisiert hat.
9.816 Kinder und Jugendliche wurden im vergangenen Jahr durch Workshops und Aktionen der youngCaritas für soziale Themen sensibilisiert.
3.500 Tonnen Secondhand-Kleidung wurden im vergangenen Jahr zur Wiederverwendung und Verwertung gesammelt. 735.000 Orange Säcke wurden dafür ausgegeben, das sind 1,8 Säcke pro Einwohner*in.
199 Menschen mit Beeinträchtigung – hauptsächlich aus dem Vorarlberger Oberland - wurden beim Wohnen und Arbeiten sowie beim Erreichen einer möglichst großen Selbständigkeit unterstützt.
1.103 Menschen mit Suchterkrankungen sowie Angehörige suchten im vergangenen Jahr Hilfe bei den Suchtfachstellen. Das ist eine Zunahme von fast 20 Prozent.
Täglich bekommen 2.550 Kinder in Äthiopien und Mosambik dank Hilfe aus Vorarlberg ein warmes Mittagessen an ihrer Schule.
Rund 2.400 Babys erblicken pro Jahr im Mutter-Kind Krankenhaus Bushulo im Süden Äthiopiens das Licht der Welt. Die vor eineinhalb Jahren eröffnete neue Klinik ist vor allem bei Risikogeburten ein Segen.