„Behinderung schützt nicht vor dem Leben!“

Die Salzburger Lebens- und Sozialberaterin Sonja Stadler erarbeitet gemeinsam mit dem Fachbereich Menschen mit Behinderung der Caritas Vorarlberg Wege, um die Inklusion voranzutreiben.

Wenn mir das Leben eine Behinderung zugemutet hat, dann kannst du mir auch vieles zumuten.“ „Ihr gestaltet Programme für Menschen mit Behinderung und geht nach Büroschluss nach Hause. Ich hingegen sitze dann immer noch im Rollstuhl.“ Starke Worte einer starken Frau: Sonja Stadler ist 44 Jahre alt, verheiratet und Mutter zweier Töchter. Sie ist Lebens- und Sozialberaterin nach systemischen Grundsätzen, Sexualpädagogin und Peer Councelorin.

 

Das Thema „Selbstbestimmt Leben“ begleitet sie schon ein Leben lang, zumal sie selbst im Rollstuhl sitzt. Gemeinsam mit der Caritas Vorarlberg reflektiert sie sowohl mit Menschen mit Behinderung, als auch mit den MitarbeiterInnen die Schritte auf dem Weg zur Inklusion – also der gleichberechtigten Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderung in und an der Gesellschaft.

„Teilhabe kann nicht einfach konsumiert werden, sondern Teilhabe bedeutet zu allererst: Ich bin Teil von mir, ich spüre mich selbst“, sieht die Salzburgerin Teilhabe als Verpflichtung aller Beteiligten, die Selbstverantwortung, aber auch Mitverantwortung mit sich bringt. „Wir sind dann in Richtung Inklusion unterwegs, wenn wir die Menschen mit Behinderung in allen Lebensbereichen dazu ermächtigen, für sich selbst einzutreten. So setzt sich Teilhabe um.“ Es gelte, Menschen mit Behinderung darin zu stärken, dass sie für sich selbst sprechen und Eigenverantwortung tragen – auch wenn es für sie ungemütlich ist.

Auf das Thema Inklusion angesprochen:Bevor wir Inklusion zu leben anfangen, müssen wir erst die Fehler, die wir in der Integration gemacht haben genauer ansehen, bearbeiten und daraus lernen. Wenn wir das Fehlende in der Integration nicht erledigen, dann können wir Inklusion nicht anstreben.“ Als Beispiel nennt Sonja Stadler dabei, dass allen Menschen mit Behinderung durch unterstützende Kommunikation die Möglichkeit gegeben wird, sich über ihre Gedanken und Gefühle gut ausdrücken zu können. „Die Pädagogik und das Selbständigkeitstraining darf jedoch nicht dazu benutzt werden, nicht mehr behindert sein zu dürfen.

Bleibt die Frage, wie sie sich die Entwicklung der Arbeit für Menschen mit Behinderung in rund zwanzig Jahren vorstellt: „Wenn ich wüsste, was in zehn oder zwanzig Jahren ist, dann würde ich meine Zähigkeit und meine Lebendigkeit verlieren, am Thema dran zu bleiben. Aber keine Sorge – ich bin noch lange genug behindert, um diesen Weg zu begleiten – egal wohin er führt. Wir müssen uns nur dem Prozess verschreiben. Hier ist der Weg das Ziel.“ Lächelt, sagt´s und macht sich weiter auf den Weg.